Wie wir euch hier vor einigen Wochen berichtet haben, haben sich zwei Mitglieder von Kultur hoch N e.V. auf ein verrücktes Abenteuer begeben.

Claus Hock und ich, Steffi Karg, sind den Baltic Sea Circle 2019 mitgefahren. Die „nördlichste Rallye des Erdballs“, mit einem 23 Jahre alten VW T4, der liebevoll „Birdbox“ getauft wurde, einmal um die Ostsee, durch 9 Länder, in 16 Tagen, nur mit einer Karte ausgestattet, da GPS und Navigationssysteme nicht genutzt werden sollten (Ehrenkodex). Da Claus eigentlicher Co-Pilot dieses Unterfangen leider nicht mit antreten konnte, bin ich nach einem Bewerbungsverfahren auserwählt worden ihn auf dieser Reise zu begleiten.

Und so stürzten wir uns am 15. Juni, vom Hamburger Fischmarkt aus, in dieses Wagnis. Insgesamt traten 280 Teams an. Wir starteten mit der Nummer #128. Nach der Ankunft erhielten wir unser Roadbook, das uns die kommenden Tage mit Herausforderungen und Streckenempfehlungen zur Seite stand. Die Rallye war nicht geführt, jedes Team konnte die Strecke frei wählen. Jeden Tag konnte man eine Tagesaufgabe erfüllen und erhielt eine Anregung, wo man am Abend ankommen sollte, um das Streckenpensum, von geschätzt 7.500 Kilometern, in den 16 Tagen zu meistern. Autobahnen waren tabu, ausgenommen vom Start- und Zieltag. Und so verließen wir gegen 13 Uhr mit einer Fahrt über die Startrampe Hamburg gen Schweden. Denn dorthin führte uns unsere erste Tagesetappe. Wir ließen unsere Familie und Freunde in Hamburg zurück, ein letztes Winken aus dem Auto und wir waren unterwegs.

Die erste Tagesaufgabe hatte es in sich, die Wikingertaufe stand uns bevor, um uns eine sichere Reise zu gewähren. Dafür benötigten wir Sand aus Dänemark, Wasser aus der Ostsee, einen grünen Zweig aus Schweden, ein Stück schwedisches Eisen und Wind. Da wir Dänemark nur durchfuhren, mussten wir hier kurz die Autobahn verlassen, um, im strömenden Regen, den Sand einzusammeln. Bei der Gelegenheit nahmen wir auch gleich das Wasser mit, bevor es über die Brücke nach Schweden ging. Am frühen Abend erreichten wir das Ziel der Tagesaufgabe und auch unser Etappenziel für den ersten Abend. Mit allen Utensilien auf dem Rücken galt es nun ein Steinmonument zu umrunden. Da der Regen uns fest im Griff hatte, schlugen wir direkt auf dem beim Parkplatz befindlichen Campingplatz unsere Zelte auf.

Der zweite Tag begann etwas freundlicher und unser heutiges Tagesziel versprach spannend zu werden. Wir sollten den alten Autofriedhof in Ryd finden und dort den eventuell letzten Tourbus der Band ABBA finden. Ein wirklich interessanter Ort, der vor allem Claus Journalisten- und Fotografenherz höher schlugen ließ. Zum Beweis machten wir ein Foto vor dem Tourbus, bevor uns unser Etappenziel noch weiter in das Herz Schwedens führte. Und nachdem am Abend die Sonne endlich begann mit uns um die Wette zu strahlen, war uns auch das Wetter friedlich gesonnen.

Am kommenden Morgen konnten wir alle unsere Sachen, die noch von der ersten Nacht nass waren, in der warmen Morgensonne trocknen, bevor wir uns der Tageschallenge, dem Co-Piloten Tausch, widmeten. Weiter durch die Wildnis von Schweden trafen wir uns mit dem Team Miata Vänskap, wo ich in den Mazda MX-5 zu Susann einstieg und Doreana meinen Platz neben Claus einnahm. Von einem Van in einen Sportwagen umzusteigen ist ein kleines Abenteuer für sich, denn nun saß ich gefühlt 30 Zentimeter über dem Asphalt, statt hoch oben über der Straße. Wir verlängerten unseren Fahrertausch sogar noch über den Zeilpunkt hinaus, bis dahin, wo sich unsere Wege für die jeweils gewählte Übernachtungsmöglichkeit trennten. Diese Nacht verbrachten wir auf einem Campingplatz an einem See und machten das erste Mal die Bekanntschaft mit der Sonne, die nicht wirklich untergehen möchte.

Der vierte Tag sollte der aufregendste unserer ganzen Tour werden, was wir an diesem Tag alles gesehen und erlebt haben, kann mit keinem der folgenden Tage mithalten. Alles begann mit der Tagesaufgabe, uns stand der berühmte Surströmming-Drive bevor. Wir mussten eine Dose des, in Schweden angeblich als Delikatesse geltenden, Surströmming (vergorener Hering) erwerben, diese öffnen, 200 Kilometer weit IM Auto transportieren und jeweils vor und nach den 200 Kilometern ein Beweisfoto der geöffneten Dose vor dem Kilometerstand des Autos machen. Gesagt, getan. Das Öffnen der Dose haben wir sogar im Video festgehalten. Dann ging es 200 Kilometer gefühlt quer durch Schweden, über Europastraßen, Landstraßen, Feldwege – ja, wir hatten uns in unserem jugendlichen Leitsinn entschieden einmal „Offroad“ zu fahren – eine gute Idee, die Spaß mit sich brachte, uns aber unendlich viel Zeit kostete. Nach der geforderten Strecke stellte ich mich meiner persönlich gesetzten Challenge. Ich habe gesagt, dass ich das Zeug probiere und Claus das sogar im Video festhalten darf. Und so sah ich mich mit der geöffneten Dose Stinkefisch in der einen und einer Gabel in der anderen Hand mit dem Hering konfrontiert. Nun hieß es Augen zu und durch.

Um es kurz zu machen, lecker ist etwas anderes. Der Fisch schmeckt in erster Linie salzig, gefolgt von dem Geschmack ranzigen Öls, was einen pelzigen Geschmack auf der Zunge hinterlässt, der selbst nach dem Zähneputzen vorhält. Ich bin froh es gekostet zu haben, muss das Zeug jetzt aber nicht unbedingt nochmal essen. Nach diesem kulinarischen Erlebnis haben wir die Landstraßen verlassen und uns direkt auf den Weg nach Norwegen begeben, und beschlossen, etwas spontan verrücktes zu machen. Wir wollten noch am selben Tag/Abend/Nacht bis nach Bodo fahren, um von dort aus um 3.15 Uhr die Fähre zu den Lofoten zu nehmen. Warum schlafen gehen und nach Schlafplätzen suchen, wenn es sowieso die ganze Zeit hell ist? Und so fuhren wir einfach durch, noch am späten Nachmittag überquerten wie die Grenze nach Norwegen, wo uns direkt die ersten Rentiere vor die Kamera liefen, wir genossen unglaubliche Bergpanoramen, mit Gletschern, spiegelglatten Bergseen, reißenden Gebirgsströmen und einer Vegatation, die wandelbarer nicht sein könnte. Am frühen Abend passierten wir den Polarkreis, mit dem Arctic Circle Center, welches leider schon geschlossen hatte und folgten der Straße immer weiter, bis zur Küste, wo wir gegen 1 Uhr nachts den Fähranleger erreichten und bereits zahlreiche andere Teams auf die Überfahrt warteten.

Ab diesem Moment kann ich die Geschehnisse nicht mehr vollständig schildern, ich schlief etwas, als wir auf die Fähre warteten, erwachte kurz, als wir auf das Deck fuhren, und kaum, dass ich auf einem der Passagiersitze saß, fiel ich wieder in tiefen Schlaf, aus dem ich erst kurz vor den Lofoten erwachte. Hier sollte dann Tag fünf, oder der Tag des „Kreisverkehrs“ seinen Lauf nehmen.

Ich möchte meine Navigantionsleistungen an diesem Tag nicht rühmen. Mehrere kurze Schlafphasen und Kaffeemangel führen bei mir bisweilen zu ziemlicher Orientierungslosigkeit und so war es mir einfach nicht möglich vernünftig die Karte oder irgendwelche Straßenschilder zu lesen, ziemlich unpraktisch, wenn man nur zu zweit im Auto unterwegs ist, denn der Fahrer muss sich auf das Fahren konzentrieren. So verpassten wir Abzweigungen und fuhren durch Orte hindurch, zu denen wir wollten, ohne zu registrieren, dass wir uns im gesuchten Ort befinden. Claus umschrieb diese Irrfahrt mit den Worten, dass wir aus den Lofoten, die nebenbei bemerkt nur aus einer Küstenstraße und 2-3 größeren Orten bestehen, unseren eigenen Kreisverkehr machten. Aber irgendwann sollten wir den Ausweg finden und fanden uns bei der ersten großen Party der Rallye ein, in Hov, direkt am Polarmeer gelegen. Hier gab es die norwegische Variante von Hot Dogs, ein großes Lagerfeuer am Strand und ein Bad im eisigen Polarmeer, zumindest für viele andere Teams, denn uns hat es ziemlich bald in die Zelte gezogen, um den Tag wegzuschlafen.

Der kommende Tag startete früh, wir hatten uns entschieden die Mitternachtssonne zu unserem Vorteil zu nutzen und so ergab es sich, dass wir die Tagesaufgabe, ein Foto von einem Teammitglied, das im Fußballtor steht und einen Ball hält, schon um 4.30 Uhr erledigten. Die Strecke des heutigen Tages sollte uns wieder auf das norwegische Festland und entlang von malerischen Fjorden dem Nordkap Kilometer für Kilometer näher bringen. Dank unseres frühen Aufbruchs konnten wir an diesem Tag viele kurze Pausen machen und die beeindruckende Landschaft Norwegens genießen. An diesem Abend schlugen wir unsere Zelte direkt an einem Fjord auf. Das Erwachen an diesem wunderschönen Flecken der Erde ist kaum zu beschreiben, denn als wir unsere Zelte öffneten genossen wir den schönsten Ausblick auf die Natur, den man sich vorstellen kann. Ein perfekter Tag, um die Reise zum nördlichsten Punkt der Rallye, dem Nordkap anzutreten!

 

Teil 2 der Berichts gibt es hier: Kultur hoch N auf Nordkap-Tour – So war’s Teil 2.

Die zweiteilige Vorberichterstattung hier: Kultur hoch N auf Nordkap-Tour

und hier: The Baltic Sea Circle – Die nördlichste Rallye des Erdballs.

Stefanie Karg
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