Heute war der große Tag, wir begaben uns auf den Weg zum Nordkap. Das bedeutete auch, dass wir die Hälfte der Rallye hinter uns bringen sollten, Bergfest sozusagen. Aber erst einmal arbeiteten wir uns Stück für Stück durch eine immer spärlicher werdende Vegetation, die Küstenstraße entlang, vorbei an etlichen Rentierherden, bis hin zu den Tunneln, die uns zum Ziel führen sollten. Drei Stück an der Zahl. Der längste ist fast 7 Kilometer lang und führt mehr als 200 Meter tief unter dem Meer hindurch. Zur Belohnung lockte, nach minutenlanger Dunkelheit, ein fantastischer Ausblick auf das glitzernde Polarmeer.

Um punkt 15 Uhr parkten wir auf dem Parkplatz am Besucherzentrum des Nordkap. Strahlender Sonnenschein und heftiger Wind begleiteten unseren Weg zum berühmten Globus, der das Felsplateau krönt. Um ehrlich zu sein, ist das dann doch etwas unspektakulär, aber wir hatten es zum Nordkap geschafft! Zur Belohnung wurden die Kameras gezückt und Beweisfotos gemacht. Da die heutige Tagesaufgabe erst am kommenden Morgen erfüllt werden konnte – ein Foto vom Team mit Rallye-Auto vor dem Globus zu machen – gönnten wir uns einen Besuch im Souveniershop und dachten an die Daheimgebliebenen (Postkarten schreiben), bevor wir unser Nachtlager ansteuerten. Heute ausnahmsweise mal kein Zeltplatz, sondern eine winzige Hütte, die Schutz vor dem Wind, Wärme und eine warme Dusche bot.

Der folgende Tag begann sehr früh, denn die Möglichkeit das Foto zu machen hatten die Teams nur zwischen 4 und 6 Uhr, und so stellten wir uns, vorbildlich, in einer langen Schlange, an und warteten geduldig.

Nach dem Fotoshooting ging es zurück auf die Straße. Heutiges Etappenziel: Finnland! Leider mussten wir das wunderschöne Norwegen hinter uns lassen (die Berge, die schneebedeckten Gipfel, das Polarmeer), das vierte Land unserer Reise wartete. Die Strecke war relativ unspektakulär. Kaum, dass wir die Grenze nach Finnland überschritten hatten, wurde die fantastische Landschaft der Küste abgelöst, durch lange, schnurgerade Straßen, umsäumt von Bäumen, vielen Bäumen, jeder Menge Bäumen. Finnland bewies sich nicht gerade als das schönste Land der Welt an unserem ersten Tag. Eintönige Straßen, wenig Abwechslung am Wegesrand und einsetzender Regen. Unsere Tagesaufgabe war es den Viking-Timber-Block, den wir zum Start in Hamburg erhalten haben, mit so vielen anderen Teams, wie möglich, in einem Lagerfeuer aufgehen zu lassen. Dieser Aufgabe widmeten wir uns am Abend auf dem Campingplatz, wo wir zum zweiten Mal während unserer Tour, unsere Zelte im Regen aufschlugen.

Der kommende Morgen brachte auch eine relativ nervige Tagesaufgabe mit sich, einen Besuch in Santas Village, am Arctic Circle in Rovaniemi, Finnland. Weihnachten feiern, im Juni… in Santas Village läuft Weihnachtsmusik, man kann ein Foto mit Santa machen und sich mit Weihnachtsutensilien eindecken. Ein (Alb-)Traum. Wir schmückten, wie es die Aufgabe verlangte, unsere Birdbox weihnachtlich und machten ein Beweisfoto, jetzt aber schnell wieder weg hier. Die Tagesetappe führte uns weiter nach Finnland hinein, der Regen hörte endlich auf, aber dieses Land vermochte uns nach wie vor nicht zu begeistern. Die eintönige Landschaft fordert den Fahrer enorm, da durch die anhaltende Monotonie der Sekundenschlaf droht. Also setzten wir auf regelmäßige Fahrerwechsel. Am Abend setzten wir mit einer kostenfreien Fähre auf eine Vogelschutzinsel über, um dort unser Camp aufzuschlagen. Gemeinsam mit anderen Teams (und abermillionen von Mücken) verbrachten wir einen geselligen Abend, bei einem Lagerfeuer, über welchem frisch gefangener Fisch gegrillt wurde und ein paar Bierchen. Und als wir am nächsten Tag aus unseren Zelten krochen, beschloss auch die Sonne sich wieder zu zeigen und wir stellten fest: Finnland gibt es auch in schön!

An Tag 10 sollten wir, laut Roadbook, neue Freunde in Finnland finden. Was bedeutete, wir sollten einen Sack Kartoffeln gegen Vodka tauschen, mit einem Fremden, und mit diesem dann die Kartoffeln, in irgendeiner Art zubereitet, gemeinsam verspeisen und dabei noch mehr Vodka trinken. Es sollte die einzige Aufgabe bleiben, die wir nicht erfüllen konnten. Denn wir fanden zwar jemanden, der mit uns gegen Vodka tauschen wollte, es scheiterte aber am Verspeisen des Lebensmittels. Die Tagesetappe durch Finnland war, wie an den Tagen zuvor, langweilig… Bäume, überall Bäume, lange, schnurgerade Straßen und Bäume. Doch ein Highlight brachte der Tag noch mit sich, denn an diesem Tag sahen wir unseren ersten Sonnenuntergang, seit wir in Schweden unterwegs waren. Wie sehr hatten wir uns diesen Anblick herbeigesehnt. Zufrieden und versöhnt mit der Landschaft, schlugen wir unser Nachtlager auf einem Parkplatz an einem See auf, um am nächsten Tag endlich Finnland verlassen zu dürfen.

Wir hatten in den Tagen zuvor etwas Zeit herausgefahren, da wir unbedingt einen kurzen Sightseeing Stop in Helsinki einlegen wollten. Daher starteten wir den Tag wieder früh, erledigten kurz die Tagesaufgabe mich vor der größten Holzkirche der Welt zu fotografieren und zwar so, das ich aussehen würde, als wäre ich 4 Meter groß, und fuhren dann durch, bis in die Metropole, die uns urplötzlich mit Menschen, Autos, Ampeln und Straßenverkehr konfrontierte, was nach so vielen Tagen Ruhe und Einöde beinahe einen kleinen Kulturschock darstellte. Nach unserem kurzen Rundgang fanden wir uns am Fähranleger ein, wo wir das Ammerländer Racing Team wiederfinden sollten, mit denen wir die kommenden Etappen in der Kolonne fuhren. Aber jetzt hieß es rauf auf die Fähre und ab nach Estland, nach Tallinn und rein in die erste richtige Nacht.

Wir übernachteten in Tallinn in einem Freizeitareal und brachen zusammen mit den Ammerländern am Morgen auf, um die Altstadt zu erkunden. Denn die heutige Tagesetappe war nur 100 Kilometer lang und so gönnten wir uns etwas Kultur. Nach dem ausgiebigen Stadtbummel fuhren wir nach Raudsilla, dem Ort der zweiten großen Rallye Party. Auf dem Weg dorthin erkundeten wir noch einen ehemaligen sowjetischen U-Boot Hafen, um dann auf dem Party-Areal unsere Zelte aufzuschlagen. Die Party überzeugte durch estnische Tanzgruppen, Regen, estnische Spezialitäten von Buffet, Regen, Freibier und Regen… und hatte ich den Regen erwähnt? Als wir am Abend in unsere Zelte fallen wollten, stellte sich heraus, dass eine Plane unter dem Zelt nicht immer die beste Idee ist, denn so verwandelten sich die Zelte in Wasserbetten und wir hatten eine wirklich miese Nacht. Aber immerhin war dies die letzte Nacht, in der wir Regen ertragen mussten.

Um die müden Knochen wieder munter zu machen, hieß die folgende Tagesaufgabe ein Bad in einem Steinbruchsee mit einem versunkenen Gefängnis zu nehmen. Diese Aufgabe erfüllte Claus überaus erfolgreich, während ich mich von den Mitgliedern des Ammerländer Racing Teams und dem Team Das Provisorium, welches sich unserer Fahrt nach der Party mit angeschlossen hatte, über den See paddeln ließ. Am Abend fuhren wir bis Riga, um dort auf einem gemütlichen Campingplatz zu nächtigen.

Für einen Besuch in Riga hatten wir leider keine Zeit, denn wir hatten uns ein anderes Ziel für Sightseeing auserkoren. Wir wollten Danzig besuchen. Deshalb führte uns unsere heutige Tagesetappe direkt bis nach Polen, was bedeutete, dass wir Lettland nur durchfuhren. Unsere Tagesaufgabe war es in Litauen den „Hill of Crosses“ zu besuchen, einem Hügel, auf dem sich tausende von Kreuzen befinden, welche dort von Pilgern aufgestellt wurden und werden. Das Aufstellen wird häufig mit einem Wunsch oder Dank verbunden. Wir sollten ein selbst gebasteltes Kreuz aufstellen, was wir auch taten. Das Holz dafür fanden wir unter einem Baum direkt am Wegesrand. Für mich war diese Aufgabe weniger amüsant, zu viele Touristen, zu wenig Platz und irgendwie fühlte es sich falsch an diesen Ort als nicht-gläubiger Mensch mit einem Kreuz zu schmücken. Aber Aufgabe ist Aufgabe. Anschließend brachten wir wieder mehrere hundert Kilometer hinter uns. Am Abend erreichten wir Polen, das letze Land unserer Reise. Das Team Miata Vänskap hatte zusammen mit dem Team Vergölst Victory Drivers einen schönen Camping-Spot an einem See der Masurischen Seenplatte aufgetan und uns diesen per WhatsApp mitgeteilt und so gesellten wir uns zu ihnen, um unsere Zelte dort aufzuschlagen. Hier machten wir auch Bekanntschaft mit der polnischen Jugend, die anscheinend etwas irritiert war, dass an ihrem Lieblingsort andere Leute waren und uns mit lautem polnischen Hip-Hop unterhielten.

Am vorletzen Tag der Rallye war es an der Zeit unser Roadbook zu vervollständigen. Das bedeutete Fotos sortieren, ausdrucken und in das Roadbook, als Beweis für das Absolvieren der Challenges, kleben. Und wo könnte man dies besser erfüllen, als in Danzig? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Und so suchten wir einen Fotoladen auf, um unsere Fotos auszudrucken, bevor wir uns der Schönheit Danzigs hingaben. Nach einem ausgedehnten Stadtbummel fuhren wir bis nach Stettin. Die letzte Nacht campen, die letzte Nacht der Rallye. Wir gönnten uns den Aufenthalt auf einem Campingplatz, um für unsere Lieben Zuhause eine frische Dusche am Morgen genießen zu können.

Der letzte Morgen, ein letztes Mal die Zelt zusammenbauen, alles in die Birdbox verräumen, versuchen im Van Ordnung zu schaffen, Kaffee auf dem Campingkocher kochen, duschen auf dem Campingplatz… uns holte die Gewissheit ein, dass es heute Richtung Heimat geht. Am heutigen Tag waren Autobahnen wieder erlaubt und so fuhren wir direkt hinter Stettin auf die Autobahn Richtung Deutschland. Bei über 30°C im Schatten in einem 23 Jahre alten Van zu fahren ist nur semi gut. Und zu allem Überfluss standen wir, kaum in Deutschland angekommen, ganz landestypisch, in einem ewig langen Stau. Aber auch diesen brachten wir irgendwann hinter uns und ehe wir uns versahen, waren wir in Hamburg, wo wir uns, aufgrund von Straßensperrungen, kurz vor dem Ziel erst einmal in die falsche Spur einordneten und so den direkten Weg zum Ziel verpassten. Leider waren zwei oder drei andere Teams hinter uns, die, in der Annahme wir wüssten den Weg, uns folgten und so ebenfalls eine kleine Ehrenrunde drehen mussten. Aber dann war es soweit. Wir fuhren auf den Fischmarkt in Hamburg, die Zielline, ganz Stilecht wurde die schwarz-weiße Flagge geschwenkt und dann sahen wir endlich unsere liebsten Menschen am Wegesrand. Die Menschen, die uns vor 16 Tagen genau hier verabschiedet hatten. Wir hatten es geschafft. Wir waren den Baltic Sea Circle 2019 mitgefahren. Knapp 8.000 Kilometer zeigte unser Kilometerstand, als wir die Birdbox abstellten, kurz danach konnten wir unsere Lieben in die Arme schließen. Die größte Belohnung nach all den Tagen!

 

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Geschafft!

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Am Ziel angekommen gaben wir unser Roadbook zur Auswertung ab, man musste mehr, als 400 Punkte vorweisen können, um mit in die Auswertung zu kommen, eine Hürde, die wir genommen hatte. Außerdem erhielten wir unsere Zertifikate und dürfen uns seit dem ganz offiziell „Master of Adventure“ nennen! Wir blieben bis zur Siegerehrung, wo wir leider keinen nennenswerten Platz erlangen konnten, bevor sich unsere Wege trennten. Claus fuhr direkt nach Hause, während ich noch eine Nacht, bei Freunden, in Hamburg verbrachte, um am darauf folgenden Tag die Heimreise anzutreten.

Und somit kann Kultur hoch N auf ein einmaliges Abenteuer zurückblicken. Wir waren auf Tour, zum Nordkap und wieder zurück, mit einem 23 Jahre alten VW T4, der uns die ganze Zeit über ganz treu zur Seite stand. Wir hatten (ein Glück) keine größeren Zwischenfälle oder Pannen. Auch wir haben die Reise gut überstanden (angesehen von blauen Flecken und schmerzenden Gliedern) und das ganz ohne Klimatabletten und Thrombosespritzen oder -strümpfe (sorry, Insider).

Wir blicken zurück auf 16 unglaubliche Tage, voller Erlebnisse und Erfahrungen. Und wenn und jemand fragt, ob wir so etwas nochmal machen würden, dann können wir beide ehrlich antworten: Ja!

 

Teil 1 der Berichts gibt es hier: Kultur hoch N auf Nordkap-Tour – So war’s Teil 1.

Die zweiteilige Vorberichterstattung hier: Kultur hoch N auf Nordkap-Tour

und hier: The Baltic Sea Circle – Die nördlichste Rallye des Erdballs.

 

Stefanie Karg
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