Periscope ist eine Live-Video Anwendung der Twitter Inc., die es dem Nutzer ermöglicht jederzeit und von jedem Ort aus – Internetverbindung vorausgesetzt – eine Video-Live-Übertragung zu starten. Das Besondere an der App ist die Teilhabe in Echtzeit. Auf einer Weltkarte blinken Symbole auf, die anzeigen wo gerade ein Video per Livestream gedreht wird. Die Follower eines Nutzers werden augenblicklich informiert, wenn ein Nutzer „live“ geht und haben während der Übertragung die Möglichkeit zu kommentieren. Seit Mai 2015 wächst die Anzahl der Nutzer stetig und die App wird regelmäßig um neue Funktionen erweitert.
Wie funktioniert Periscope?
„Seit etwas mehr als einem Jahr sind wir von der Idee fasziniert, die Welt durch die Augen eines anderen Menschen zu entdecken. Was wäre, wenn Du durch die Augen eines Demonstranten in der Ukraine sehen könntest? Oder Du könntest den Sonnenaufgang aus einem Heißluftballon heraus in Kappadokien beobachten? Es mag vielleicht verrückt klingen, aber wir wollten etwas erschaffen, das Teleportation so nahe wie möglich kommt. Zwar gibt es viele Möglichkeiten, um Ereignisse und Orte zu entdecken, uns wurde aber klar, dass es keine bessere Möglichkeit gibt, einen Ort sofort zu erleben, als über Live-Video. Ein Bild kann mehr als tausend Worte sagen, aber Live-Videos können Dich an irgendeinen Ort versetzen und Dich herumführen.“
Quelle: Persicope – Über uns. Unsere Geschichte.
Um den Videodienst nutzen zu können ist ein Twitter-Account notwendig. Dieser dient zum Einloggen und Erstellen eines Nutzerkontos und der Verknüpfung mit den Twitter-Followern. Ist kein Twitter-Account vorhanden kann alternativ eine Anmeldung mithilfe der Mobiltelefonnummer erfolgen. Des Weiteren ist es notwendig die entsprechende App auf dem mobilen Endgerät zu installieren. Aktuell ist Periscope nur für iOS und Android Geräte verfügbar. Auch das Verfolgen von Übertragungen am PC ist möglich. Allerdings muss dafür der Link zum Stream bekannt sein und direkt in die Browserzeile eingegeben werden, oder es ist ein Umweg über einen Drittanbieter notwendig. Über die Seite onperiscope.com gibt es eine Übersicht über alle aktuellen Übertragungen.
Der einfachste Weg Scopes – so werden Periscope Streams oft bezeichnet – zu finden, ist es sich in der Freundesliste umzusehen. Da Freunde auf Twitter, die auch auf Periscope aktiv sind, direkt in die Freundesliste aufgenommen werden können ist am Anfang die Wahrscheinlichkeit groß hier einen interessanten Stream zu finden. Dazu wird in der Startansicht das Fernseher-Symbol ausgewählt. Über das danebenliegende Weltkugel-Symbol werden weltweite Streams angezeigt. Wenn ein Nutzer gefunden wurde, dessen Übertragungen auch in Zukunft verfolgt werden sollen, kann dieser über das Plus-Symbol der Freundesliste hinzugefügt werden.
Live gehen
Wird ein Video gestartet ist man live dabei. Die Sprechblase oberhalb der Karte markiert die Chatfunktion. Sie bietet die Möglichkeit live, während der Übertragung, mit dem Streamer in Kontakt zu treten. Die Zahl im unteren Bildschirmbereich zeigt an, wieviele Nutzer derzeit an der Live-Übertragung teilhaben. Mit einem Tipp auf den Bereich über der Zahl erscheint für jedes Tippen ein Herzchen. Auch die Herzchen der anderen sind zu sehen.
Für eigene Scopes (also Live-Übertragungen) wird das „Live gehen“ Symbol ausgewählt und schon kann es losgehen. Die Qualität des Streams ist von der Qualität des verwendeten Materials abhängig. Ein Smartphone oder Tablet ist keine High-End HD Kamera – das sollte immer im Hinterkopf behalten werden. Aber es ist ratsam auch bei der semi-professionellen Verwendung von Periscope einige zusätzliche externe Geräte zu verwenden. Ein Video, auch wenn es, wie bei diesem Dienst, als Momentaufnahme gedacht ist, sollte immer über ausreichende Beleuchtung und natürlich verständlichen Ton verfügen. Ein externes Mikrofon und zusätzliche Beleuchtung können enorme Qualitätsunterschiede darstellen. Für einen Stream von „unterwegs“ ist es immer ratsamer eine stabile W-Lan Verbindung zu haben, denn das Datenvolumen des Mobilfunkanbieters wird bei einer längeren Übertragung schnell ausgereizt. Spiegel Online hat bei einem Vergleichstest gemessen, dass pro Minute rund 4 MB Datentraffic entstehen. Außerdem muss immer beachtet werden, dass es sich um eine Live-Übertragung in Echtzeit handelt. Fehler können nicht ausgebessert oder beseitigt werden. Deshalb sollte vor dem ersten Live-Stream darüber nachgedacht werden, was genau gesagt und präsentiert werden soll, auch um die Privatsphäre zu schützen. Eine Art Drehbuch oder Ablaufplan und eventuell eine kurze Redaktionssitzung sind ratsam. Gezielte Fragen können im Vorfeld geklärt werden und so den Einstieg erleichtern. Zum Beispiel: Wer bedient die Kamera? Wer spricht? Wer moderiert den Chat? Was soll gesagt werden? Wird ein „Spickzettel“ benötigt? Welche technischen Geräte müssen noch organisiert werden? Wie und wann wird die Übertragung angekündigt? Wen will man ansprechen? Welchen Titel und welches Thema soll der Scope tragen?
Ansonsten heißt es auch bei dieser App: Learning by doing.
Spontane Scopes werden natürlich selten viele Menschen erreichen. Auch hier muss erst eine entsprechende Community und ein aktives Netzwerk aufgebaut werden. Daher ist ein funktionierender Twitter-Account für die Nutzung von Periscope „Gold wert“. Zudem wird ein startender Scope automatisch via Twitter bekannt gegeben, sofern der Twitter-Account mit dem Periscope-Konto verknüpft wurde. Ferner kann das Live-Video auf Twitter geteilt werden, indem vor dem Start der Aufnahme das Vogelsymbol ausgewählt wird. Dadurch wird, sobald live gegangen wird, automatisch ein Link getwittert, damit Twitter-Follower das Video online oder per App mitverfolgen können. Im Privatmodus ist es möglich die Adressaten auf ausgewählte Zuschauer zu begrenzen. Die Echtzeitvideos werden – auf Wunsch – mit einer Nachlaufzeit von 24 Stunden nach Erstsendung zwischengespeichert und sind danach nicht mehr verfügbar. Es ist jedoch möglich, eigene Videostreams auf dem mobilen Endgerät dauerhaft zu speichern.
Eine gute Live-Übertragung sollte „so lang wie nötig, jedoch so kurz wie möglich“ sein.
Nutzerzahlen
Am 10. August 2015 – knapp vier Monate nach Launch der App – gab Periscope Gründer Kayvon Beykpour bekannt, dass der Live-Streaming Service 10 Millionen Nutzer verzeichnen kann. So wurde die App schon kurz nach der Markteinführung zum Livestreaming-Hit. Allein in den ersten 10 Tagen verzeichnete Periscope für iOS über eine Million registrierte Nutzer.
Laut „The Verge“ betonte Periscope Gründer Beykpour, dass die stark gestiegene Nutzerzahl nicht als ultimatives Zeichen für Erfolg gesehen wird. Viel wichtiger sei für das Unternehmen die Zeit, die die Nutzer jeden Tag bei Periscope verbringen, um sich Streams anzusehen. Pro Tag schauen alle Periscope Nutzer zusammen 40 Jahre Videomaterial, wobei nur die eingerechnet sind, die über die App zugreifen.
Quelle: Broadmark
Trotz wachsender Nutzerzahlen ist der Live-Streaming-Dienst im Vergleich zu anderen Apps besonders in Deutschland noch relativ unbekannt. Zum ersten Geburtstag der App hat Twitter Bilanz gezogen: Rund 200 Millionen Videos wurden bisher über den Dienst abgerufen. Die genaue Anzahl der Nutzer wurde aber nicht verraten.
Generell kann (zumindest derzeit noch) die Aussage getroffen werden, dass die App vor allem ein Tool für experimentierfreudige Personen darstellt. Der erfolgreichste Scope in Deutschland – mit einer Zuschauerzahl von bis zu 3.000 – wurde von einem Bild Journalisten gesendet – ein Live-Stream vom abgebrochenen „Germanys Next Top Model“ Finale.
Urheberrecht
Für z.B. Konzerte und andere Veranstaltungen entsteht durch die einfache Art der Live-Übertragung das Problem der Urheberrechtsverletzung, da die Exklusivrechte oft zugesichert werden. Mittlerweile wird bei einigen Veranstaltungen sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Dienst kontrolliert wird und Zuschauer, die einen Livestream starten, einen Verweis erhalten. In den FAQ von Periscope ist zu diesem Punkt zu lesen:
Wir respektieren das geistige Eigentum anderer und erwarten von Periscope-Nutzern, dasselbe zu tun. Wir werden auf Hinweise bezüglich vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen, die dem geltenden Recht entsprechen und uns ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt wurden, reagieren. Wir behalten uns das Recht vor, angeblich verletzende Inhalte ohne vorherige Ankündigung und nach eigenem Ermessen zu entfernen. In entsprechenden Fällen wird Periscope außerdem ein Nutzerkonto kündigen, wenn der Nutzer als Wiederholungstäter eingestuft wird.
Warum sollten sich kulturelle Einrichtungen (dennoch) mit Persicope beschäftigen?
Schon während der Fachtagung des Museumsverbands Sachsen-Anhalt wurden die Funktionen von Periscope vorgestellt (siehe Tagungsbericht „Digitalisierung in Museen“ – Fachtagung des Museumsverbands Sachsen-Anhalt e.V. – Teil 2“). Hier wurde vor allem eine Eigenschaft des Dienstes hervorgehoben: die Möglichkeit der Live-Interaktion. Im Gegensatz zu reinen Videodiensten wie z.B. YouTube wird bei Periscope über einen Rückkanal während der Übertragung die Möglichkeit gegeben Fragen zu stellen, auf die während des Streamings direkt eingegangen werden kann. Die Form des „multimedialen Echtzeit-Twitterns“ eröffnet dadurch ganz neue Kommunikationsmöglichkeiten. Auf den meisten Plattformen für soziale Medien können zwar durch Nutzer (oder Besucher) Fragen gestellt werden, die Beantwortung dieser ist aber zeitlich meist erheblich vom Zeitraum der Fragestellung entfernt, je nachdem, wie aktiv der Kanal durch die Kultureinrichtung betreut werden kann. Der Live-Videodienst aber bedeutet Nähe und eine 1 zu 1 Kommunikation. Mit Periscope können Follower und Interessierte direkt an Ereignissen teilhaben. Ob Interviews, Diskussionsrunden, Ausstellungseröffnungen, exklusive Einblicke oder der Blick hinter die Kulissen z.B. während des Aufbaus einer Ausstellung. Das Spektrum der Möglichkeiten ist breit. Vor allem für Veranstaltungen, die für die kulturelle Einrichtung einen besonderen Stellenwert einnehmen, bei den Medien aber nicht das gewünschte Echo hervorrufen, ist eine passive Nutzung der Periscope App eine Möglichkeit Interessenten dennoch daran teilhaben zu lassen. Denn auch ohne Kamerateam und andere komplizierte technische Ausrüstungsgegenstände lassen sich dank Live-Übertragung Veranstaltungen über das Smartphone oder Tablet ausstrahlen und auch aufzeichnen. Natürlich müssen alle Teilnehmer im Vorfeld über den Livestream informiert und gefragt werden, ob sie mit der Übertragung einverstanden sind. Die Nutzer (also in diesem Fall die kulturelle Einrichtung) sind selber in der Lage zum Berichterstatter zu werden und Eindrücke und Beobachtungen live zu teilen, was eine ganz neue Nähe zum Zuschauer schafft und (ganz nebenbei) den Wunsch vieler, dass auch ihre Meinung gehört wird, erfüllt. Jeder Zuschauer kann dank der Kommentarfunktion zum Fragesteller werden. Natürlich steht die Frage im Raum, wie derartige Angebote von einem kulturinteressierten Publikum akzeptiert werden. Einige Museen experimentieren bereits – zum Teil sehr erfolgreich – mit den Möglichkeiten des Dienstes.
Eine Vorreiterposition nimmt hier eindeutig The British Museum ein. Hier werden regelmäßig „Kuratoren-Fragerunden“ und exklusive „Hinter den Kulissen“-Führungen angeboten. Vielleicht ist dies ein gutes Vorbild für viele deutsche Kultureinrichtungen auf Neuerungen in der Medienwelt einfach mal aufgeschlossen und neugierig zu reagieren.
Alle verwendeten Beitragsbilder sind offizielle Referenzmaterialien der Periscope Presseabteilung und Twitter Inc.
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