Was macht man, wenn man aufgrund von Entfernung, Autolosigkeit, Vollzeitarbeitsplatz mit Frühaufstehzwang und reichlich ehrenamtlichen Nebentätigkeiten bislang weder zu Netzwerkstammtischen nach Oldenburg düsen noch am ersten Exkursionstag teilnehmen konnte?
Man dreht den Spieß einfach um und lädt das Netzwerk zu sich ein! Kurz und gut: Ich lud ein für den 20. September 2014 in die Innenstadt von Bad Bentheim zu einem Tag rund um die Burg.
Der Tagesplan sah als ersten Programmpunkt vor, nach dem Get together auf der altehrwürdigen Burg unter der Leitung der Mamsell (meiner Wenigkeit) eine Zeitreise ins Jahr 1910 anzutreten. So folgten die Teilnehmer stolperfrei der höchsten weiblichen Hausbediensteten durch die Burg und über ausgetretene Treppenstufen. Die Mamsell hatte viel zu erzählen über die Geschichte von Stadt und Gemäuer. Sie ließ selbstverständlich auch die ein oder andere Anekdote über die Burgbewohner einfließen und vor allem jene, in denen Emma zu Waldeck und Pyrmont eine Rolle spielte. Als Besonderheit kramte Mamsell Baumann aus ihrem kleinen Utensilienkörbchen immer wieder alte Bentheimer Postkarten hervor, um zu zeigen, was 104 Jahre später sonst nicht mehr nachvollziehbar gewesen wäre.
Die Führung brachte den Teilnehmern einige neue Erkenntnisse darüber, dass Lebensmittelskandale und Betrug durch Bildbearbeitung durchaus kein neues Phänomen sind! Da wurde einst den Gästen des feinen Restaurants am Kurbad schamlos Rinder- als Hirschbraten untergejubelt oder auch mal geschickt das Baugerüst vor der Kronenburg aus einem Postkartenmotiv retuschiert – quasi Photoshop 1900. Als Abschreckung in Wände eingelassene Kanonenkugeln und Turmverliese, die nie welche waren, schienen den Zuhörern ebenfalls nicht uninteressant. Dass an der Südseite der Burg versuchsweise sogar Wein und erfolgreich Pfirsiche als Spalierobst angebaut wurden, sorgte für spontanen Appetit. Da es bis zur Mittagspause auf der Terrasse hinter dem Bismarckdenkmal noch dauern sollte, mussten als Überbrückung unterwegs traditionelle Bentheimer Gewürzplätzchen herhalten: Bentheimer Moppen. Die Stärkung war auch notwendig, da mehrere Exkursionsteilnehmer den Pulverturm (Bergfried) bestiegen, um die leicht vernebelte Fernsicht vom höchsten Punkt der Stadt zu genießen.
Während der Mittagspause wurde beschlossen, den angesetzten Besuch im Sandsteinmuseum zu kippen und nur noch gemütlich einen Gang um die Burg zu machen. Natürlich gab es auch hier noch kleine Geschichten, die Sage über die Entstehung der Burg und Informationen zum Bentheimer Sandstein. Alles wurde trotz des leider einsetzenden Regens ohne Murren angehört.
Am Fuße der Treppe zum sogenannten Teufelsohrkissen wurden mehrere Teilnehmer verabschiedet und der Rest lief bergauf zum Herrenberg, wo das jährliche Bentheimer Weinfest einen gemütlichen Rahmen zum abschließenden Plaudern bieten sollte. Nieselregen und allgemeine Aufbruchsstimmung sorgte dafür, dass binnen kürzester Zeit nur noch zwei Hartgesottene gemeinsam an einer Weinbude standen. Gemeinsam hörten sie der zeitweise von einem Kurzgewitter unterbrochenen Musik zu und ließen den Exkursionstag munter ausklingen.
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Huhu! Das war eine tolle Exkursion, und die Führung hast du großartig gemacht. Solche Museumsführer und Kulturvermittler wünscht man sich. :-) Ganz liebe Grüße nach Bad Bentheim!