Bei bestem Spätsommerwetter lud im Rahmen des Ziel 3-Projektes ArchaeoMontan – Mittelalterlicher Bergbau in Sachsen und Böhmen – das Landesamt für Archäologie Sachsen in Zusammenarbeit mit dem Ausstellungssekretariat Dippoldiswalde und dem Museum Königliche Münze Jáchymov am 15. September 2014 in das schöne Jáchymov in der Tschechischen Republik.

Der Anlass des Treffens war der Workshop „Lernort Museum“, zu dem alle Museumspädagogen, Museumsdirektoren, Kuratoren und Interessierte der Kultur-Branche durch das Landesamt herzlich eingeladen wurden.

Der Veranstaltungsort Jáchymov (deutsch Sankt Joachimsthal), auf der böhmischen Seite des Erzgebirges gelegen, mit seinem Museum Königliche Münze war für diese Veranstaltung prädestiniert, wurde hier doch im Jahre 1519 vermutlich erstmals der Joachimstaler geschlagen. Ein nicht zu verachtender Zusammenhang im mittelalterlichen Bergbau der Erzgebirgsregion.

IMG_20140915_125023Das Programm war vielfältig und abwechslungsreich. So luden insgesamt sieben Vorträge rund um das Thema „Bergbau im museumspädagogischen Bereich“ die Teilnehmer des Workshops zu anregenden Diskussionen ein. Die Vorträge fanden in den jeweiligen Landessprachen der Referenten statt, was aber für niemanden ein Problem darstellte, denn das Museum hatte in vorbildlicher Weise dafür gesorgt, dass sprachliche Barrieren erst gar nicht zur Debatte kamen. Denn im hinteren Bereich des Vortragssaals stand eine Station zur Simultanübersetzung bereit, in der zwei Dolmetscher dafür sorgten, dass keinem Teilnehmer ein Detail der Diskussion entging. Die Gäste erhielten bei der Anmeldung jeweils einen Funkempfänger, so dass über Kopfhörer jedes Wort verfolgt werden konnte.

Nach der Begrüßung und einer Einführung in das Thema durch die Museumsdirektorin des Muzeum Karlovy Vary, Ing. Lenka Zubačová, widmete man sich umgehend den Vorträgen. Das Programm war sehr umfangreich, daher soll hier nur auf drei der Vorträge eingegangen werden.

Hervorzuheben sind unter anderem die Vorstellung des museumspädagogischen Begleitprogramms zur Wanderausstellung „Silberrausch und Berggeschrey“ in Dippoldiswalde, durch Wendy Eixler M.A., Ausstellungsleiterin Ziel 3-Projekt ArchaeoMontan, Dippoldiswalde. Der Ausstellungsraum des Museum Osterzgebirgsgalerie im Schloss ist entsprechend des historischen Gebäudes schwer bespielbar, so musste für die Wanderausstellung nicht nur ein neues Konzept erstellt werden, sondern auch ein umfassender Raumgestaltungsplan angefertigt werden, der die Hauseigenen, die Ausstellung ergänzenden Sammlungsstücke sinnvoll in den Ausstellungszyklus einbindet. Zusätzlich wurde sich zum Ziel gesetzt die Ausstellung von Anfang an museumspädagogisch auszurichten. Die Sammlung sollte nicht nur präsentiert werden, sondern Erlebnisse und Erfahrungen vermitteln, sowohl für große, als auch für kleine Museumsgäste. Die Zielgruppenanalyse brachte die Erkenntnis, dass neben Schulklassen vor allem Familien angesprochen werden sollten. Dies führte zu der Entwicklung eines umfangreichen museumspädagogischen Konzeptes, dass komplett auf Familien ausgerichtet ist. Die „Familiensonntage“ sollen das Angebot des Erwachsenenlernens, im Sinne des lebenslangen Lernens, sinnvoll mit dem Angebot für Kinder verschiedener Altersstufen verbinden. Während die Eltern erfahren, was das Ziel der Ausstellung ist, gehen die Kinder mit Nicky der Steinlaus auf Entdeckungstour durch die Welt unter Tage, wo sie selber erleben dürfen, wie anstrengend das Leben der Bergleute war. Hervorzuheben ist auch die Konzentration auf die Bedeutung des Werkstoffes Holz. Denn kein Bergwerk kann ohne Holz existieren, was durch die museumseigene Sammlung vermittelt wird.

Einen ganz anderen Weg der Vermittlung brachte Ing. Michael Rund, Museumsdirektor des Muzeum Sokolov in seinem Beitrag Museumspädagogik des Museums Sokolov: Programme für Kinder im Bergbaumuseum Krásno sowie Vorstellung des Stollens Nr. 1 in Jáchymov, den Teilnehmern näher. Hier hat der Besucher ganzjährig die Möglichkeit das Thema Bergbau und Leben unter Tage in der Dauerausstellung zu erfahren. Doch wie überall ist es schwierig einen stetigen Besucherstrom, Abseits der Schulklassen zu generieren. Eine Lösung des Problems stellten regelmäßige Exkursionen dar. Das Angebot entstand aus der, den Lehrplan unterstützenden museumspädagogischen Arbeit. Es wurde vor einiger Zeit, in enger Zusammenarbeit mit einer sich im Ruhestand befindenden Lehrkraft eine Schulexkursion für den Geschichtsunterricht der 6. Klasse entwickelt. Ein Konzept, dass sehr gut akzeptiert wurde, sowohl von den Lehrern, als auch von den Schülern. Infolge dessen wurde das Angebot ausgebaut und auch außerhalb der Schule Privatpersonen angeboten. Je nach Kategorie ist die Exkursion angepasst an Familien, Erwachsene oder gemischte Gruppen. Die Familienführung entführt die Teilnehmer mit Hilfe von regionalen Sagen und Märchen in die Zeit des Mittelalters. Kostümierte Begleiter berichten von alten Zeiten und regen zum Entdecken der eigenen Umwelt an. Die Museumspädagogen möchten die Wahrnehmung der alltäglichen Umgebung schärfen. Individuell sollen die Besucher die wirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus in der Vergangenheit erfahren und daraus resultierend die Ursprünge so mancher Ortschaft entdecken. Exkursionen für Erwachsene sind zum Teil mit anstrengenden Wanderungen und schwierigen Themen verbunden. Denn während des Zweiten Weltkriegs wurden auch im Erzgebirge Zwangsarbeitslager errichtet. Das Leben der Juden zu dieser Zeit gehört zur Geschichte der Region, daher soll auf diese Weise die Erinnerung aufrecht erhalten werden. Bei der Wanderung für ein gemischtes Publikum wird den Teilnehmern ein teils kostümierter historischer Rundgang geboten. Die Erklärungen werden durch die Arbeit mit Modellen, Anekdoten und Sagen untermauert.
Die Rundgänge werden durch öffentliche Schautafeln erleichtert, deren Aufstellung aus dem Förderungsbudget des Projektes und Mitteln der Stadt finanziert werden konnte.

Abschließend soll der „Bergmannstest“, ein Kindergerechtes, interaktives Programm zur Präsentation der Bergbauaktivitäten im Mittelalter, von Mgr. Kateřina Vavrušková und Michal Jilma, DiS.; České muzeum stříbra Kutná Hora, betrachtet werden. Hier wird ein völlig neues Prinzip der Museumspädagogik vorgestellt und den Teilnehmern des Workshops selbst erlebbar gemacht.Die Kombination aus Theorie und Praxis findet nicht nur bei den Kindern großen Anklang. Die Kinder der Klassenstufen 2-6 werden erst über die Arbeit des Bergmanns im Mittelalter, den Weg des Silbers und Bergbaugeräte in der Theorie informiert, bevor sie selber zu einem Bergmann werden. Gekleidet in eine Bergmannkutte steigen sie „hinab“ in einen Erzstollen in Originalgröße. Ausgestattet mit Trog und Lampe müssen sich die Kinder ihren Weg durch den Stollen bahnen und Erzbruchstücke sammeln. Der Stollen ist ein einfacher, faltbarer Spieltunnel mit einem Durchmesser von etwa 90 Zentimetern. Mit wenigen Handgriffen ist dieser Überall aufgebaut, den Eingang und Ausgang markieren bemalte Pappschilder. Die Fantasie der Kinder und der Ehrgeiz die Aufgabe zu absolvieren sorgen für das hautnahe Erlebnis. Haben die Kinder den „Test“ bestanden erhalten sie ein Zertifikat, dass sie als „Junger Bergmann“ auszeichnet. Ein zusätzlicher Anreiz für die Erzieher diese „Prüfung“ zu buchen bietet die Kombination aus Theorie, Erlebnis und vor Ort Erkundung, denn wird der Test gebucht, erhalten die Schulklassen einen stark reduzierten Eintritt für den Besuch des Besucherstollens im Ort.

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Die Ergebnisse des WOrkshops können folgendermaßen zusammengefasst werden: Allen Referenten war gemein, dass die Einführung in das Thema Bergbau im Mittelalter und Leben und Arbeiten der Bergmänner immer schwieriger wird. Die Kinder zeigen nur noch selten von Haus aus Interesse an ihrer Heimatregion. Doch die Verbindung von Erzbergbau und dem daraus resultierenden Wohlstand der Region sind unabdingbar verknüpft mit der heutigen Entwicklung des Erzgebirges. Es ist immer mehr eine Frage der Kreativität der museumspädagogischen Kräfte, um die Aufmerksamkeit der Kinder, aber auch die der regulären Besucher aufrecht zu erhalten. Die neuen Devisen der Besucherprogramme stützen sich auf Anfassen, Ausprobieren, Kennenlernen. Die Kombination aus Theorie und Praxis wird durch Kostüme und Geschichten untermauert und anhand von Modellen veranschaulicht. Selber zum Werkzeug greifen lautet in fast allen Museen die Ansage. Helme, Schlägel und Eisen, sowie Geleucht und traditionelle Bergmannstrachten gehören zur Grundausstattung der Museumspädagogen. Was selber erlebt und erfahren wurde bleibt in Erinnerung. Kleine Andenken halten das Erkannte aufrecht und regen die Kinder in den heimischen Wänden zum „Zeigen und Erzählen“ an. Ob das Steigerlied, die selbst gehauene Münze, oder der Steinspat, der eigenhändig vom Felsen geschlagen wurde, kleine Andenken an den Ausflug gehören zum Programm der Pädagogen dazu. Interaktiv wird nicht nur die Museumserfahrung, sondern auch die Vor- und Nachbereitung der Exkursion ins Museum, sowohl für Lehrer, als auch für die Kinder. Denn viele Museen bieten die museumspädagogischen Arbeitsblätter zum Download auf ihren Webseiten an, oder integrieren Teile der virtuellen Führung, um Teile des „Erlebnis Museum“ in den eigenen vier Wänden wiederholen zu können und so einen Lerneffekt hervorzurufen. Ob als Quiz oder „Versuch macht Klug“ Aktion, es lässt sich nicht abstreiten, dass die Museumspädagogik (nicht nur) im Bereich der Bergbaumuseen sich schon lange von der „Erklären und Zeigen“ Methode hin zum Erlebnis verlagert hat. Der Bezug zur eigenen Lebenswelt wird durch eigenaktive Prozesse gefördert. Sinneserfahrungen und entdeckendes, autonomes Lernen durch Experimentelle und Spielerische Elemente treten immer mehr in den Vordergrund der museumspädagogischen Arbeit.

Das Projekt ArchaeoMontan wird demnächst durch eine Tagung abgerundet, auf der sich alles um den mittelalterlichen Bergbau dreht. Einen Flyer zu der Tagung findet man hier. Weitere Informationen zu dem Projekt sind hier zu finden.

Stefanie Karg
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